Frauenstudiengang
Wirtschaftsingenieurwesen

Frauenstudiengang
Wirtschaftsingenieurwesen

 

Interview Studentin

Dieses Interview wurde von Undine G. aus dem Jahrgang 2001/2002 mit Studentinnen aus dem ersten Jahrgang 2000/2001 durchgeführt.

 

Warum haben Sie den Frauenstudiengang gewählt?

Uta: "Durch eine Schnupperveranstaltung der FH wurde ich auf den Studiengang aufmerksam und habe mich ganz spontan dafür entschieden - und es war eine sehr gute Entscheidung."

Wenke: "Da die technischen und wirtschaftlichen Fächer miteinander verbunden werden und die technischen Schwerpunkte alleine unter Frauen durchgeführt werden."

 

Hat er Ihre Erwartungen erfüllt?

Uta: "Meine Erwartungen wurden voll und ganz erfüllt. Kleine Lerngruppen, familiäres Klima und die Professoren waren immer sehr hilfsbereit. Meine Probleme in Mathematik und Maschinenelemente wurden von den Professoren wahrgenommen und mir wurde Einzelnachhilfe von den Prof's angeboten. Das Studienangebot war sehr umfangreich. Dadurch konnten viele Bereiche angeschnitten werden."

Wenke: "Sicherlich kann man nicht alle Erwartungen erfüllen, aber für die nachfolgenden Frauenstudiengänge wurde ja auch schon viel verändert und angepasst. "

 

Sind Sie der Meinung, dass Sie durch das Studium gut auf das Berufsleben vorbereitet wurden?

Uta: "Dadurch, dass ich bereits einen Berufsabschluss hatte, konnte ich auf bestehendes Wissen aufbauen. Ja, es hat mich gut vorbereitet."

Wenke: "Ich fühle mich sehr gut vorbereitet. Alles war sehr praxisnah."

 

War es schwierig mit diesem Abschluss (Diplom) einen Job zu finden? Haben Sie bei Bewerbungen angegeben, dass Sie im Frauenstudiengang studiert haben?

Uta: "Es war nicht schwer einen Job zu finden. Ich habe immer bei meinen Vorstellungsgesprächen betont, dass ich in einem Frauenstudiengang studiert habe. Das wurde oft mit Humor, aber auch mit Neugier hinterfragt."

Wenke: "Ja, das habe ich angegeben. "

 

Wurden Sie mit Vorurteilen konfrontiert?

Uta: "Dieses Problem gab es eigentlich nur an der FH. Professoren und Dozenten konnten mit dem 1. Frauenstudiengang noch nicht viel anfangen. Ich denke, dass es besser geworden ist. Vorurteile kann man nur mit überzeugenden Leistungen bekämpfen."

Wenke: "Überhaupt nicht. Es hat auch keinen interessiert, ob ich im Frauenstudiengang studiert habe."

 

Welchen Beruf üben Sie jetzt aus?

Uta: "Zu Zeit arbeite ich als Marketing- und Salesmanagerin und bin für die Vermarktung von 5 Restaurants verantwortlich. Ich arbeite nebenbei an einem Hotelprojekt. Dieses Haus befindet sich noch in der Rohbauphase, aber ich werde dieses Haus im Sommer 06 als Gastgeberin übernehmen."

Wenke: "Ich bin wissenschaftliche Hilfskraft hier an der Fachochschule. Später möchte ich meine Doktorarbeit schreiben, um dann als Professorin arbeiten zu können."

 

Interview Professorin

Dieses Interview wurde von Undine G. aus dem Jahrgang 2001/2002 mit Frau Prof. Petra Jordanov durchgeführt. An der Fachhochschule unterrichtet Frau Prof. Jordanov BWL und VWL und war die Projektverantwortliche für die Einführung des Frauenstudienganges. Zurzeit ist sie außerdem die betreuende Professorin für unseren Frauenstudiengang.

 

Wieso engagieren Sie sich für den Frauenstudiengang

"Eigentlich bin ich wie die Jungfrau zum Kinde gekommen. 1999 hat das damalige Kultusministerium des Landes Mecklenburg Vorpommern den Fachbereich Maschinenbau angesprochen und gefragt, ob wir nicht tatsächlich einen Frauenstudiengang einführen wollen. Es gab sehr viele Diskussionen im Fachbereich - es gab Befürworter und Gegner. Daraufhin wurde jemand gesucht, der das Projekt anschieben kann. Das sollte möglichst jemand sein, der in der Lage ist, das Marketing zu organisieren und es musste auch ein Curriculum entwickelt werden. Möglichst eins, das die Besonderheiten des Frauenstudienganges enthält und das geeignet ist, mit den Fächern junge Frauen anzusprechen. Da ist die Wahl auf mich gefallen. Ich war am Anfang nicht so begeistert, weil ich nicht so richtig was damit anfangen konnte. Aber je mehr ich mich reingekniet habe, desto überzeugter war und bin ich, dass es eine gute Sache ist."

 

Kam es bei der Umsetzung zu Problemen?

"Die Besonderheit ist, dass wir hier an der FH der akademischen Selbstverwaltung unterliegen, d.h. die Fachbereiche können selbst entscheiden, welche Studiengänge sie einführen und welche sie stilllegen wollen. Deshalb war es damals sehr wichtig, dass wir eine starke Gemeinschaft finden, die für den Frauenstudiengang ist, d.h. wir somit eine Mehrheit haben bei der Entscheidung für oder gegen einen neuen Studiengang. Damals waren 6 Professorinnen im Fachbereich Maschinenbau tätig. Dass so viele Frauen in einem technischen Fachbereich beschäftigt sind, ist einmalig in Deutschland. Es ist uns gelungen, alle Frauen an einen Tisch zu bringen und wir haben gemeinsam überlegt, wie ein Studiengang aussehen müsste, der uns, aber auch die jungen Schülerinnen überzeugt, bei uns zu studieren. Wir haben ein Curriculum entworfen, welches auch Zugeständnisse an diejenigen beinhaltet, die nicht zu hundert Prozent vom Frauenstudiengang überzeugt waren. Somit besteht die Möglichkeit im Grundstudium zwischen dem koedukativen und dem monoedukativen Studiengang zu wechseln. Dadurch wurden auch die letzten Zweifler überzeugt und in der Abstimmung hieß es dann: "Okay wir wollen es mal versuchen und gucken was passiert". Obwohl die Gegner damals im Kopf hatten, das sich keine Frau dafür finden würde."

 

Wurden die Professoren durch Schulungen auf den Studiengang vorbereitet?

"Das wäre natürlich schön gewesen und wir hätten uns auch alle gewünscht, dass wir noch mal eine pädagogische, psychologische Schulung bekommen. Dies ist nicht gelungen, denn dazu hat Zeit und Geld gefehlt. Denn die Entscheidung für den Frauenstudiengang fiel im Jahre 1999 und bereits zum Wintersemester 2000 wurde der Studiengang eingeführt."

 

Gab es Veränderungen im Vergleich zum ersten Studiengang?

"Im Wintersemester 2005 wurde ein Numerus clausus eingeführt. In dem Jahr wurden 15 Studentinnen immatrikuliert. Da es aber eine politische Entscheidung war, Frauen zu fördern, wurde der Numerus clausus zum nächsten Immatrikulationsbeginn im Wintersemester 2006 wieder abgeschafft.

Hinzu kommt die Umstellung von Diplom-auf Bachelor-Studiengängen im Fachbereich Maschinenbau. Im Hauptstudium können verschiedene Module ausgewählt werden, um für jede Studentin ein speziell auf ihre Interessen abgestimmtes Profil zu erstellen."

 

Welche Anerkennung genießt der Frauenstudiengang international/national?

"In Amerika gibt es an der Berkeley Universität ein Institut, das Frauen und Technik fördert. Mehrmals im Jahr veranstalten sie verschiedene Projekte. Die Amerikaner haben was Frauenstudien insgesamt anbelangt einen ganz anderen Hintergrund und Tradition als wir hier in Deutschland. Frauencolleges und Universitäten sind dort was ganz Normales. Sie sind nicht mit diesem Stigma wie in Deutschland behaftet. Die Amerikaner gehen auch sehr viel lockerer an bestimmte Zusammenhänge ran. Deshalb würde ich gerne für eine Weile nach Kalifornien gehen, um mir deren Projekte anzusehen. Wenn wir innerhalb Europas bleiben, dann ist der Studiengang auf sehr große Beachtung gestoßen. Ich war vor kurzem in Österreich zu einer Konferenz und habe den Frauenstudiengang innerhalb eines Projektes, das von der EU gefördert wurde, vorgestellt. Dort hat man auch noch mal deutlich gesehen, dass innerhalb Europas die Idee von Frauenstudiengängen noch gar nicht so bekannt ist, zum Beispiel in Frankreich. Das hat dort mit den historischen Besonderheiten zu tun. In Österreich ist es ähnlich. Sie sind eigentlich noch konservativer was die Berufstätigkeit und Karrierechancen von Frauen angeht. Trotzdem waren sie sehr interessiert, mehr über den Frauenstudiengang zu erfahren. Somit haben wir uns, den Frauenstudiengang, innerhalb Westeuropas bekannt gemacht. Allerdings gibt es deutliche Unterschiede in Europa. In den osteuropäischen Ländern gibt es dieses Problem, der Akzeptanz der Frauen in technischen Studiengängen, nicht."

 

Auf welche Resonanz stößt der Frauenstudiengang?

"Durch die Betreuung von Studentinnen im Praxissemester und während der Diplomarbeit, kann ich sagen, dass die Studentinnen in den Betrieben sehr gut aufgenommen worden sind. Der Studiengang ist also auf eine positive Resonanz gestoßen. Auf dem Diplom steht nicht drauf, dass man in einem Frauenstudiengang studiert hat, aber viele Studentinnen/Absolventinnen geben dies mit an. Für die Firmen ist das nicht wichtig, denn sie sind an der Person und deren Qualifikationen interessiert. Die ersten Absolventinnen haben nach relativ kurzer Zeit eine Anstellung gefunden und somit inzwischen alle ihren Weg eingeschlagen."

 

Wurden Sie schon mal mit Vorurteilen konfrontiert?

"Also ich direkt nicht. Die mag es geben. Ich habe hier im Land eine Untersuchung gemacht zur Entstehung von Führungspositionen und Unternehmensnachfolge und die Bereitschaft diese Positionen mit Frauen zu besetzten. Da findet man generell Vorbehalte gegen Frauen. Und das werden auch diejenigen sein, die Vorbehalte gegen die Frauenstudiengänge haben."

 

Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Frauenstudienganges?

"Ich wünsche mir, dass der Frauenstudiengang eigenständig bleibt. Da ja einige Studiengänge, unter anderem auch der Frauenstudiengang, 2007 auf Bachelor umgestellt werden. Ich möchte, dass der bewährten Schwerpunkt Kommunikation - Information - Management auch in Zukunft erhalten bleibt. Weiterhin soll es kleine Lerngruppen geben, sowie einen Ansprechpartner, der einen bei auftretenden Problemen weiterhilft. Ich möchte mehr Akzeptanz für den Frauenstudiengang erreichen und auch mehr Projekte mit Männern zusammen erarbeiten, um die Vorurteile abzubauen. Ich erhoffe mir damit, mehr Wissen über den Frauenstudiengang zu vermitteln."